Eine lange Tafel hat die „Tafel Waiblingen“ nach drei Jahren Pause am vergangenen Samstag wieder auf dem Postplatz aufgebaut: 2019 wurde das 15-Jahr-Jubiläum gefeiert; 2020 und 2021 hatte Corona der Einrichtung einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Die Tafel: „Noch nie war sie so wertvoll wie heute“

Nach drei Jahren wieder „Lange Tafel“ auf dem Postplatz: Viel Information und Bitte um Spenden

(dav) Ein Balanceakt zwischen Ehrenamt und Politik, zwischen sozialer Benachteiligung und Überfluss, zwischen wirtschaftlicher und umweltpolitischer Ökonomie – das war die Tafel schon immer und das betonte auch Simon Busch, Vorstandsvorsitzender der Tafel Waiblingen am vergangenen Samstag, 24. September 2022, als auf dem Postplatz nach drei Jahren Pause wieder eine „Lange Tafel“ aufgebaut werden konnte. Aber „noch nie war die Arbeit der Tafel so wertvoll wie heute!“, ergänzte Erster Bürgermeister Ian Schölzel, der die Waiblingerinnen und Waiblinger auf die „wirklich wichtige Arbeit“ des Vereins aufmerksam machte.

Täglich, von Montag bis Freitag, kommen zwischen 70 und 90 Personen in die „Tafel“ in der Benzstraße im „Ameisenbühl“, an Donnerstagen zwischen 150 und 200 Personen. 650 Berechtigungsscheine sind in Waiblingen ausgestellt, damit würden etwa 2 000 Menschen in der Stadt mit Lebensmitteln versorgt, berichtete der Erste Bürgermeister. Das könne in der Organisation nur deshalb gelingen, weil 90 ehrenamtlich Mitwirkende bereit seien zu helfen. Ihnen und auch den Spenderinnen und Spendern spreche die Stadt Waiblingen ihren großen Dank aus, versicherte Schölzel.

Erster Bürgermeister Ian Schölzel (Bildmitte), Vorstandsvorsitzender Simon Busch (links) und Karlheinz Kreutter von der Tafel bereiten den Transporter vor, in dem später die zahlreichen Spenden der Waiblingerinnen und Waiblinger transportiert wurden.

Weniger Ware für mehr Menschen
Seien in den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 aus Sorge vor Ansteckung eher weniger Leute als üblich pro Tag in die Tafel gekommen, nämlich um die 60, so berichtete Ladenleiterin Petra Off dem Staufer-Kurier, seien es jetzt jeden Tag mehr und mehr. Preisinflation besonders bei den Lebensmitteln und anderen Waren des täglichen Bedarfs sowie die hohen Energiekosten sind die einen Auslöser. Der andere Grund: vor allem seit Beginn des Ukrainekriegs kommen tagtäglich neue Menschen in den Laden im Gewerbegebiet, hat Off festgestellt. Sie schätzt, dass etwa ein Drittel der Kundschaft aus der Ukraine stammt. So mancher und so manche kenne sich noch nicht richtig aus im Prinzip Tafel, aber da könne der Waiblinger Verein auf seine Stammkundschaft zählen, die sich gegenüber den Neuen hilfsbereit zeigten.

Dankbar für Spenden
Die Ware, die ihnen zur Verfügung stehe, hingegen sei nicht mehr geworden, sie müsse nun eben zwischen mehr Personen aufgeteilt werden. Um so froher seien sie über Extra-Spenden: es gebe beispielsweise eine Firma, die alle vier bis sechs Wochen 250 Kilogramm Mehl bei der Hegnacher Mühle kaufe und spende – „darüber sind wir heilfroh!“. Bei Obst und Gemüse habe es noch nie einen solch schlechten Ertrag für die Tafel gegeben wie in diesem Sommer, sagte Petra Off weiter, um so glücklicher zeige man sich über die großzügigen Spender bei den Waiblinger Landwirten, die beispielsweise „1a Kartoffel“ ablieferten. Am Ende bleibe in den Körben mit vorbereiteter Ware an keinem Tag mehr etwas übrig. Hoch erfreut war das Tafel-Team auch über die Geldspenden der Gäste an der Langen Tafel: 734,90 Euro seien im Spendenglas gewesen – „ein wirklich tolles Ergebnis!“, hob Petra Off am Dienstagmorgen, 27. September, hervor. Insgesamt habe es gute Gespräche an der Langen Tafel gegeben. Die vergangenen zweieinhalb Jahre seien von Corona, weniger Kunden, gesteigerten Fixkosten, explodierenden Energiekosten und seit Beginn des Jahres vom Ukrainekrieg geprägt, wusste Simon Busch zu berichten. „Und aktuell sehen wir kein Ende der Krise!“. Die Tafel stehe vor enormen Herausforderungen, das führe dazu, dass in alle Richtungen agiert werden müsse, um die Kunden auch die nächsten Jahre versorgen zu können.

Existentielle Fragen
Themen seien dabei das Personal und das Geld, mit dem die Waiblinger Tafel aufgestellt werden müsse, und auch die Frage, wie mehr Ehrenamtliche in den Pool zu bekommen seien, die nicht zuletzt auch Verwaltungs- und Vorstandsarbeit leisten. „Wie bewältigen wir die weitergehenden Kundenzahlen, wie reagieren wir mit dem Einkaufskonzept darauf? Wie sichern wir die Tafel finanziell ab und wie können wir die laufenden Kosten decken?“. Existenzielle Fragen, zu denen die Tafel auch mit der Stadt im Gespräch sei, auf deren Hilfe sie sich immer verlassen könne, freute sich Busch. Der Spielraum, um Kosten einzusparen, sei eher klein; das nächste große Thema würden nun die Heizkosten, die dem notwendigen Lüften in Corona-Zeiten gegenüber stehen. Gleichwohl gebe jeder Ehrenamtliche in der Waiblinger Tafel sein Bestes. Gemeinsam mit den Ehrenamtlichen, der Bürgerschaft und der Stadt werde man diese schwierige Zeitmeistern, zeigte sich Busch überzeugt.

Der Kontakt
Spenden erhält die Tafel nicht nur vom Einzelhandel oder von Bäckereien in Form von einwandfreien Lebensmitteln, die im Wirtschaftsprozess nicht mehr verwendet werden; auch private Spenden, zum Beispiel aus dem eigenen Garten, sind möglich, ebenso Spendenmitgliedschaften mit einem Geldbetrag. Wer sich bei der Tafel auf verschiedene Art und Weise einbringen will, kann sich hier melden: Telefon 07151 9815969, E-Mail laden@tafel-waiblingen.de.

Amtsblatt der Stadt Waiblingen/Staufer-Kurier v. 29.09.2022